Philipp Gufler
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Een Gebeuren

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Im Zentrum von Philipp Guflers Ausstellung steht das Schaffen des niederländischen Performance- Künstlers Ben d’Armagnac (1940-1978), das ihn bereits längere Zeit begleitet. Dessen Arbeiten lieferten Gufler den Ausgangspunkt für seinen Beitrag zur Ausstellung „You Must Make Your Death Public“ (2016) am Amsterdamer De Appel Arts Centre, einer Institution, mit der d’Armagnac in den 1970er-Jahren selbst eng verbunden war. Der Titel „een gebeuren“ – „etwas, das sich ereignet“ – verdankt sich einem Ausdruck, den d’Armagnac vor Aufkommen des Begriffs „Performance“ dafür verwendete.
Ausgehend von rudimentärem Dokumentationsmaterial und Gesprächen mit d’Armagnacs Lebensgefährtin Louwrien Wijers hat Gufler d’Armagnacs Performance rekonstruiert. In seiner eigenen Version von „een gebeuren“, die sich lose an dem oben genannten Ablauf orientiert, erfasst Gufler das Geschehen jedoch mit einer GoPro-Kamera. Statt das langsame Erscheinen einer Person hinter der weißen Oberfläche zu dokumentieren, wie es die Fotografien von 1975 tun, zeigt sein Video den arbeitsamen Prozess des Freilegens und Öffnens aus der Innenperspektive – ein Akt, den Gufler mit der Freilassung der Fliegen am Ende der Performance vollendet, und mit dem er d’Armagnacs Performance fortschreibt. Zugleich macht sein Video deutlich, dass der Glaube an einen Zustand jenseits medialer Erfassung 40 Jahre nach d’Armagnac zur Illusion geworden ist.
Wie schon in anderen Videos, zuletzt in „Becoming-Rabe“ (2016), einer Arbeit über die Münchener Performancekünstlerin Rabe Perplexum, leiht Philipp Gufler Ben d’Armagnac für „een gebeeuren“ seinen eigenen Körper. Er nutzt ihn als Medium, um d’Armagnacs Performancebegriff und die inhaltliche Dimension seiner Aktion für die Betrachterinnen wieder ans Licht zu holen – nicht im Sinn einer detailgetreuen Rekonstruktion, sondern als freie Aneignung, in der sich d’Armagnacs und Guflers Positionen gegenübertreten können.
Diese Form des Bauchrednertums oder der „indirekten Sprache“, wie Gufler es in dem Video nennt, führt zur Dislokation der eigenen Subjektposition. Seine künstlerische Praxis konfiguriert sich spektral, mit und durch andere Personen und Haltungen. Dafür stehen exemplarisch die verschiedenen Quilts, mehrlagige Stoffe, die für ihn relevanten Persönlichkeiten und Orten gewidmet sind. Mit diesem Spiegelkabinett an Bezugspunkten widerspricht er dem heteronormativen Anspruch einer künstlerischen „Identität“. Im Sinne Hubert Fichtes (dem er 2013 seinen ersten Quilt widmete) beschreibt Gufler die indirekte Sprache als „queere Praxis“. Statt die eigene Position in den Vordergrund zu stellen, wählt er seine Ausdrucksweise in Resonanz mit dem Gegenüber. Und so wird Subjektivität bei Gufler zu „etwas, das sich ereignet“.
Patrizia Dander

Philipp Gufler ( → Artist Website)
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Biography

1989in Augsburg geboren. Lebt und arbeitet in Amsterdam, Niederlande und München
2008 - 2014Studium an der Akademie der Bildenden Künste München
Seit 2013 Mitglied des selbst organisierten Archivs Forum Queeres Archiv München
2015Auszeichnung Bayerischer Kunstförderpreis
2015 - 2017 Residence-Programm De Ateliers, Amsterdam
2018Auszeichnung Förderpreis der Landeshauptstadt München
2019Residence-Programm Skowhegan School of Painting & Sculpture, USA
2021Residence-Programm Delfina Foundation, London, UK
2021Auszeichnung Royal Award for Modern Painting, Netherlands

Solo Exhibitions

2024Kunsthalle Mainz
2022"Unterwerfungen" / Kunstraum der Leuphana Universität, Lüneburg
"Love Planets" (mit Cosy Pièro) / Françoise Heitsch, München
2020"It is Getting Alive" / BQ Berlin, Berlin
"Autoerotismus" / Kevin Space, Wien
"Other histories told by Dirkje Kuik and Philipp Gufler" / Centraal Museum Utrecht (NL)
2019 "I'm in Love with a Scuplture" / Françoise Heitsch, Munich
"King Louis II" / QBBQ's, BQ, Berlin
"Pleasure Pain" / Marwan, Amsterdam
2017"Romankreisen" / BQ Berlin, Berlin
"I wanna give you devotion" / Platform, München
2016"Een gebeuren" / Françoise Heitsch, München
"Setze dein Ich in Anführungsstriche" / Kunstverein Göttingen
2014"Zirkeltraum" / Françoise Heitsch, München
"Gauweilereien" / Schwules Museum*, Berlin
2013Galerie Sassa Trülzsch, Berlin
2012"Eingebildete Männlichkeit" / Akademie Galerie, München

Group Exhibitions

2023"Substitutes" / W139, Amsterdam
“honey, milk and salt in a seashell before sunrise” / Tulca Festival of Visual Arts, Galway
"On Listening" / Lothringer 13, München
2022"FLAM #9" / Arti et Amicitiae, Amsterdam
"Plakatkampagne Residenztheater" / Wintergarten der Pinakothek der Moderne, München
"Neuerwerbungen der Sammlung des Bundes" / Bundeskunsthalle, Bonn
"To Be Seen. Queer Lives 1900–1950", NS Dokumentationszentrum, München
"Exzentrische 80er: Tabea Blumenschein, Hilka Nordhausen, Rabe perplexum und Kompliz*innen aus dem Jetzt", Lothringer13, München, Kunstverein Tiergarten/Galerie Süd, Berlin and Künstlerhaus Hamburg
"The Burnt Letters of Victoria, Kunstverein Grafschaft Bentheim", Neuenhausen
"Tod in Bad Tölz", GFLK Halle Süd, Bad Tölz
"Turning Pain Into Power", Kunst Merano, Italy
"Ufficio Della Notte", Zürich, Schweiz
"Archives in Residency: Forum Queres Archiv München", Haus der Kunst, München
"Queering the Narrative", Neuer Aachener Kunstverein, Aachen
"re:working archives“ / Halle der Platform, München
2021„That Those Beings Be Not Being“ / W139, Amsterdam
"Actually, the Dead Are Not Dead, Part III " / Württembergischer Kunstverein, Stuttgart
"Sweat" / Haus der Kunst, München
"Zeki Müren – Das ausgestellte Leben" / Lovaas Projects, München
"Is it possible to be a revolutionary and like flowers?" / NEST, Den Haag
"Biennale für Freiburg" / BfF Besuchszentrum, Freiburg
2020"Rohstoff Pourquoi" / BQ, Berlin
"Possibilities on paper" / Feinbach Minninger, Köln
"Drawing Restrict: A Growing Exhibition" / Rosa Stern, Munich
"Four Flags" / Bloemstraat 140, Amsterdam
2019"Liebe und Ethnologie: Die koloniale Dialektik der Empfindlichkeit (nach Hubert Fichte)" / Haus der Kulturen der Welt, Berlin
"Maskulinitäten" / Kooperation der Kunstvereine Bonn, Köln & Düsseldorf
2018"Why are my friends such finks" / BQ Berlin
"Pranoid House" / Vleeshal, Middelburg
"Flam Encounter" / Arti et Amicitiae, Amsterdam
"All’estero & Dr. K.’s Badereise nach Riva: Version B" / Croy Nielsen, Wien
"Kirsten Nilsson" / Lothringer13_Florida, München
"Förderpreise der Landeshauptstadt München" / Lothringer13_Halle, München
"Film als Ausstellung / Ausstellung als Film", BNKR, München
"The Hammock" / Galerie Juliette Jongma, Amsterdam
2017"Bei Cosy" / Rongwrong, Amsterdam
"Offspring"/ De Ateliers, Amsterdam
"Berlin Rebel City 03: Belong anywhere" / Hate Magazine, Berlin
"Dialogos Athens 2017" / Diplarios School, Athens
"Berlin Rebel City 03: Belong anywhere" / Hate Magazine, Berlin
2016"You must make your death public"/ De Appel art center, Amsterdam, NL
"Favoriten III"/ Lenbachhaus Kunstbau, München
"I call it Lüttgen"/ Galerie Markus Lüttgen, Köln
"Come Back"/ Generation and Display, London, UK
"Kunstförderpreisträger 2015"/ Galerie der Künstler, BBK, München
2015"Videonale.15" / Kunstmuseum Bonn
"Interview with Erich Haas" / mit Liane Klingler, Lothringer13_Florida, München
"Moby Dyke"/ (w/ Richard John Jones and Lothringer13_Florida), Lothringer13_Florida, München
2014"Your skin made me cry" / various film screenings, Goethe Institute, München
"meine drei lyrischen Ichs" / Einstein Kulturzentrum, München
"Nein" / Platform, München
"How to project and spell" / Galerie Kullukcu München, Circuits and Currents, Athen, Greece and Chisenhale Gallery, London
2013"Gefangen in München" / Festival of Independents, Haus der Kunst, München
"Bild als Bühne" / Galerie für Landschaftskunst Halle Süd, Bad Tölz
"Ja:Aber" / Gedok, Karlsruhe
2012"Redundanz" / Galerie für Landschaftskunst Halle Süd, Bad Tölz
2011"I had dreamed the perfect painting" / Kunstpavillon München
"LaBook" / Lothringer13/Laden, München
"Krieger !" / Francoise Heitsch, München
"Editionen und Multiples" / Radierverein München
"Leihgabe" / Neuerwerbungen der Artothek München
2010"me:beast" / Galerie Stefanie Bender, München
2009"Aufruf zur Phase Null" / W139, Amsterdam als Mitglied