ALI TAPTIK, SUAT ÖĞÜT, VOLKAN ASLAN
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TANIKLIK, MÜZAKERE, ISTIKRAR - WITNESSING, NEGOTIATION, STABILITY
10.02 – 14.04.2012
Die drei türkischen Künstler Ali Taptık (1983, Istanbul), Suat Öğüt (1985, Diyarbakir) und Volkan Aslan (1982, Ankara) setzen sich in ihren Arbeiten mit dem universalen Menschen und seinem spezifischen
Umfeld auseinander. Witnessing Negotiation Stability als Konzept der Ausstellung beschreibt das Verständnis der Fotografien von Ali Taptık, der mixed media Arbeiten von Suat Ögut und der Zeichnungen von Volkan Aslan. In dieser Zusammenarbeit konnte man die drei jungen Künstler das letzte Mal in München 2010 in der Gruppenausstellung Cityscale in der Lothringer 13 München sehen. Dieses künstlerische Austauschprojekt zwischen Istanbul und München, u. a. kuratiert von Françoise Heitsch, war offizieller Beginn der fortlaufenden Kooperation zwischen den Ausstellungsteilnehmern aus Istanbul und der Galerie Françoise Heitsch.
Ali Taptık täuscht in seinen Fotografien einen Hang zur Dramatik vor, die auf dem zweiten Blick einer schürfenden Tristesse weicht und sich durch Komponenten wie Lichtführung, Farbigkeit, Thematik und scheinbarer willenloser Inszenierung durch das gesamte Werk Ali Taptıks zieht. Seine Bildwerke werden diese traurige Ohnmacht nicht los – Stille, Offenbarung und Direktheit – seien es Stadtaufnahmen, Objekte oder die Menschen, die uns zum Zeugen des nüchternen Blickes des Fotografen werden lassen. In der Ausstellung konfrontiert uns Ali Taptık mit der Ehrlichkeit. Jedes Bild beschäftigt sich mit einem nackten Menschen, mit der Wahrheit des Menschen, die der Künstler nicht ins rechte Licht zu rücken versucht:Weder Beschönigungen, noch Verschönerungen, keine Eitelkeiten haben hier Platz, weder die des Fotografen, noch die des Porträtierten. Wir werden zwar nicht zu Voyeuren, dennoch weiß man von dem Gefühl des „Unbeobachtetseins“, das die Hauptperson beschleicht haben muss. Die Ästhetik ist vorhanden, jedoch nicht die des vermeintlichen Ideals, sondern die der Natürlichkeit, eine Ästhetik der menschlichen Geheimnisse, die Ali Taptık ohne zu bedrängen zu entblößen vermag. Diese Entblößung von tief Verborgenem des jeweiligen Individuums verlangte einen Dialog zwischen Künstler und Porträtiertem. Sind doch Wahrheiten entstanden, die die Hauptperson teils nicht öffentlich machen wollte. Den Weg vom intimen Blick Ali Taptıks im fotografischen Zwiegespräch bis hin zum fremden Gegenüber in einer Ausstellung dokumentiert der Künstler erstmals als wichtigen Bestandteil seiner Arbeit.
Suat Öğüt beschäftigt sich überwiegend mit dem Menschen in der Großstadt, mit dem Menschen in einem System, das System seiner Heimat. In seinen mixed media Arbeiten bewegt sich das Individuum in seiner alltäglichen, dynamischen Situation – im Straßenverkehr, als Fußgänger, zwischen Geboten und Verhaltensregeln, in einer Welt aus Metaphern. Das Chaos steht der Ordnung gegenüber, einer Ordnung, die durch Regeln, Kapitalismus, Justiz und gar Unterdrückung fiktiven Bestand hat und nach Außen nur das Beste für einen jeden möchte. In seiner Zeichnung „Hello to nationalism“ parodiert der Künstler den Machtverlust des Militärs in seinem Land. Der salutierende Offizier wird auf einem Moped chauffiert, ohne jegliche repräsentative Erhöhung seiner Person bzw. seines Standes. Suat Öğüt interessieren die Veränderungen und die langsamen oder rasanten Bewegungen, die daraus entstehen. Er verinnerlicht sich den Moment der Neuerung, der ihn in seinen Arbeiten inspiriert. Wie ein aufmerksamer Zuschauer beobachtet er die Bühne der wandelnden Strukturen und stellt dabei gerne das Vorher und Nachher gegenüber. In seiner Zeichnung „Competition“ spielt er genau mit dieser Simultanität der Varianten: Von vorne betrachtet werden Demonstranten friedlich von einem Polizeiwagen ins Ziel eskortiert. Von der Rückseite gesehen beleuchtet die Szene jedoch eine altbekannte Situation – Demonstranten werden von einem Polizeiauto verfolgt und in Schach gehalten. Der Künstler kritisiert bzw. offenbart Situationen, die zwar banal zu sein scheinen, dennoch bedacht und überdacht werden sollten. Wie alles funktioniert, alles einen bestimmten Zweck erfüllt, wie die Menschen funktionieren, gehorchen und Regeln befolgen, die auf sie und das gewisse Lebensziel abgestimmt sind und dennoch traut sich Suat Öğüt die Frage zu stellen, ob Sinn und Zweck gerechtfertigt und legitimiert werden können.
In seinen kleinformatigen Zeichnungen spielt Volkan Aslan unter dem Begriff der Beständigkeit mit der Thematik des Raumes und dem Individuum in ihm. In der Abstraktion des Raumes finden sich hier und da gesichtslose Personen wieder, die sich als fotomontierte Silhouetten an dem undefinierbaren Ort versuchen zurecht zu finden und dabei völlig unbeholfen ihren willkürlichen Platz einnehmen. Es sind die Umrisse ihrer
Konturen, abgezeichnet von fotografierten Persönlichkeiten, die plötzlich in den Zeichnungen namenlos und anonym platziert sind – es könnte ein jeder sein, vielfach wiederhol- und kopierbar.