SIYOUNG KIM, JULIA ZIEGLER
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HIMMEL ODER HÖLLE

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1.04 – 21.05.2011


JULIA ZIEGLER
Im Werk der Berliner Künstlerin Julia Ziegler (1963, Frankfurt am Main), das Malerei, Installation, Mixed-Media-Objekte und Zeichnung umfasst, spielt die Zeichnung eine besondere Rolle. Direkt mit Farbe auf der Wand – mit Fäden im Raum – mit der Schreibmaschine auf A4 Papier oder – wie hier – großformatig und mit Schwung – die Präzision der Linie gestaltet den Raum. 2004 zeigte Françoise Heitsch mit der Arbeit „Grammatik“ die Vorläufer der hier vorgestellten Serien. „Chorus“ und „Wolken“, zwei Serien hängen einander gegenüber. Es sind großformatige Filzstiftzeichnungen auf lackiertem Papier. „Chorus“ zeigt Porträts der Mitglieder eines Chores beim Singen. Die überdimensionalen Gesichter setzen sich zusammen aus Schraffuren, die an die vergrößerten Strukturen einer Radierung erinnern. Durch ihre Größe und die dynamische Linienführung wirken sie präsent, durch den gesenkten Blick abwesend zugleich. Aus der Nähe betrachtet lösen sich die Züge auf, um in Muster und Rhythmus überzugehen. Mit Abstand betrachtet entsteht ein Ensemble unterschiedlicher Charaktere.
Reduktion und Vereinfachung, abgeleitet aus genauer Beobachtung, mit ein bisschen Erfindung, sind auch Kennzeichen der Wolken-Zeichnungen. In der gleichen Technik wie die Chorus-Bilder gefertigt, spielen auch sie mit der Spannung zwischen nah und fern, Transparenz und Körper, Zustand und Veränderung.


SIYOUNG KIM
Die Technik der Collage zieht sich durch das gesamte Werk der koreanischen Münchner Künstlerin. Bereits ihre frühen Zeichnungen sind gezielt in Teilen malerisch ausgearbeitet oder mit Fotoprints ergänzt. Das Zusammenfügen figürlicher Motive aus unterschiedlichsten Quellen dient ihr dazu, das Spektrum menschlicher Eigenschaften und kultureller Strukturen aufzufächern und zu kontrastieren. So reiht sie Heiligenbilder an Schafe, stellt Bänker neben Mienenarbeiter und zentriert den Papst im Flammenmeer.
Der Mensch als kulturelles Wesen und Produkt der medialen Welt, zwischen Fremdbestimmung und Selbstfindung, zivilisatorischem Impetus und animalischen Triebtaten, ist der Gegenstand ihrer Arbeiten. Die Fragilität kultureller Definitionen ist ihre erklärte Aussage, und, dass man durch die Vielschichtigkeit der menschlichen Existenz voneinander lernen kann.
Die Collage macht diese Vielschichtigkeit sichtbar und eine Identifizierung des Betrachters mit dem Dargestellten möglich. Noch stärker als in ihren Papierarbeiten ist dies in ihren Videos spürbar, die sie als Erfahrungswege eines Einzelnen durch seine Umwelt inszeniert. Ihre Videos und auch die, teilweise interaktiven, Roboter-Skulpturen sind aus ihrem formalen Hauptwerk heraus entstanden, der dreidimensionalen Fotocollage: Funde aus öffentlichen Printmedien werden in Größe und Form bearbeitet, mit Styropor oder anderen Materialien verstärkt und kombiniert. Durch die räumliche Staffelung der Elemente oder Figurengruppen schafft Siyoung Kim eine dreidimensionale, narrative Szenerie. So entstehen Bildobjekte an der Wand, freie Rauminstallationen oder Zwischenformen, mit und ohne Bildgrund, bisweilen ganz reduziert auf eine Figur.

Siyoung Kim ( → Artist Website)
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Julia Ziegler ( → Artist Website)
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